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Loading... Schwarzer Kardamom – herb, rauchig und geheimnisvoll

Schwarzer Kardamom – herb, rauchig und geheimnisvoll

Schwarzer Kardamom – auch Cardamom – hat eine deutlich größere Kapsel als der uns besser bekannte Grüne Kardamom. Der erste Eindruck ist ein herb-rauchiger Geruch, da die Kapseln über offenem Feuer getrocknet werden. Sein Aroma erinnert etwas an Eukalyptus mit Leder- und Terpentinnoten. Ideal für Schmorgerichte, denen er ein warmes, intensives Aroma verleiht.

Zur Verwendung teilt man die ganzen Kapseln mit einem schweren Küchenmesser in der Mitte. Sie werden mitgekocht oder geschmort, sollten aber rechtzeitig entfernt werden, bevor der Geschmack zu intensiv wird. Als Gewürz für die Brühe der vietnamesischen Pho ist er unverzichtbar.

Auf unserem Bild ist die chinesische Variante des Schwarzen Kardamom abgebildet. Er wächst vorwiegend in der Provinz Yunnan. Aus dem östlichen Himalaya stammt die indische Variante. Dieser Kardamom ist etwas kleiner und runzeliger. Er ist der bei uns im Handel erhältliche Schwarze Kardamom.

Hier ein Auszug aus dem Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung vom 07.Juni 2014:

„In den siebziger Jahren soll es in Skandinavien einen kleinen Skandal gegeben haben, als man herausfand, dass gewisse Firmen ihre Backwaren nicht mit Grünem, sondern mit dem damals viel billigeren Schwarzen Kardamom würzten. Auch in Australien sollen im gleichen Zeitraum grüngläubige Konsumenten in Tat und Wahrheit viele Jahre lang nur schwarz gerochen haben. Damals war die Marktlage bei exotischen Gewürzen noch oft unstabil, was manchmal dazu führte, dass einzelne Spezies plötzlich exorbitant teuer gehandelt wurden. Heute ist auch der Grüne Kardamom gewöhnlich so erschwinglich, dass man wohl nur noch in krassen Fällen von Gewinnmaximierung zu einem Substitut greift (und dann wohl eher im Chemiebaukasten nach einer Lösung kramt).

Dem Schwarzen Kardamom aber weht bis heute der Ruf nach, ein falscher Hund zu sein, weshalb man ihn mit Namen wie Bastard-Kardamom beschimpft und nicht müde wird, seine Inferiorität gegenüber dem ‹wahren› Gewürz zu betonen. So beschreibt etwa Alan Davidson in seinem «Oxford Companion to Food» diesen «false cardamom» als «deutlich minderwertig, mit einem kratzig rauen statt einem subtilen Aroma».
Das ist ein bisschen so, als würde man von einer Birne behaupten, sie sei ein «falscher Apfel». Denn eigentlich handelt es sich beim Schwarzen Kardamom um ein völlig anderes Gewürz, das auf eigene Weise verarbeitet wird und in den Gerichten eine ganz spezifische Aromaspur hinterlässt, die nur wenig mit dem Grünen Kardamom gemein hat.

Der Grüne Kardamom wächst in seiner edelsten Form an der Malabarküste im Südwesten des indischen Subkontinents. Der Schwarze Kardamom aber gedeiht vor allem im östlichen Himalaja (Bhutan, Nepal) und (in leicht anderer Version) in China. Am oberirdischen Teil der Pflanze aus der Familie der Ingwergewächse erkennt wohl nur der Expertenblick die Differenzen, doch was die Klingen der Bauern aus dem Boden graben, sieht doch sehr unterschiedlich aus – auch in der getrockneten Form noch, in der dieser Kardamom zu uns gelangt. Zugegeben: Neben der eleganten, in frischem Grün leuchtenden Kapsel des Malabar-Kardamoms wirkt der Kerl aus dem Himalaja wie ein grobschlächtiger, völlig verwilderter Bruder: Er ist gross und so verkrümmt, verwittert und vertrocknet, als stamme er aus einer archäologischen Ausgrabung. Das Holz seiner Kapsel ist tief gefurcht, unregelmässig, und überall stehen mächtige Krusten ab, holzige Geschwüre.
Auch auf den Regalen der Gewürzhändler flösst der Schwarze Kardamom nicht eben Vertrauen ein: Da sich die Krusten beim Transport teilweise lösen, sieht es manchmal aus, als habe man den halben Wald mit in die Plastictüte gepackt.

Wer sich davon nicht abschrecken lässt und das Gewürzbeutelchen aufreisst, der steckt seine Nase aus dem Hier und Jetzt in eine völlig andere Welt. Der Körper mag auf der Zürcher Bahnhofstrasse stehen oder vom glänzenden Chromstahl der eigenen Küche umgeben sein, die Nase aber blickt in eine dunkle Hütte mit russgeschwärzten Wänden. Im Zentrum dieser Höhle glimmt Tag und Nacht ein Feuer vor sich hin – darüber, in den lichtlosen Zonen des Dachgestühls, hängen an angekohlten Balken Fleischstücke, Fische und Kräuter, Pakete mit fermentierten Sojapasten, Pilze und Ketten getrockneter Auberginen und Feigen. Vielleicht steht auf etwas Stroh in einer Ecke auch eine Kuh und gibt mit einem dumpfen Stöhnen ihre feuchte Atemluft an die Umgebung ab. Auch der Körperduft der Bewohner hängt noch im Raum, ein warmer, harziger Odeur, wie ihn im Schlaf leicht schwitzende Körper verströmen. Vielleicht sind wir auch in einem Zelt, einer Jurte, einem Schloss – sicher ist, dass sich alles Leben hier jahraus, jahrein rund um die Feuerstelle abspielt. Und bei den struppigen Kapseln, die neben der Ochsenzunge von der Decke baumeln, handelt es sich zweifellos um eben jenen Kardamom, der unserer Nase so viel von seiner eigenen Vorgeschichte erzählt.
Denn dass uns dieses Gewürz in eine verrauchte Welt entführt, ist kein Zufall – im Himalaja ist die Sonne weniger zuverlässig als etwa in Malabar, und also wird der Schwarze Kardamom traditionell mithilfe von Feuer getrocknet und haltbar gemacht. Auf der Rauchschwade reiten aber noch andere Aromen mit – eine harzige Note zum Beispiel, Fichte, altes Holz, Menthol und Kampfer.

Wer die Kapsel öffnen will, der kommt um einen Hammer oder einen Pfannenboden kaum herum – es sei denn, man hat kein Mitleid mit seinen Fingernägeln. Im Innern trifft man auf Samen, die eng beieinanderliegen in einem feinen, je nach Sorte und Frische leicht klebrigen Gewebe – zweifellos nennt Deon Godet den Schwarzen Kardamom wegen dieses Anblicks eine «Mumie mit Hirn».
Im Mund haben die Samen je nach Kapsel einen ganz anderen Charakter, selbst die verschiedenen Exemplare aus einer einzigen Packung können ganz unterschiedlich sein. Manchmal schmecken sie nur leicht rauchig und etwas adstringierend, mit einem erst im Nachhall spürbaren dumpfen Nadelholzton. Manchmal aber sind sie scharf und erfrischend mit einer markanten Eukalyptusnote oder auch säuerlich und fast etwas salzig.
Beim Kochen zieht der Kardamom seine Spitzen etwas ein und schenkt vor allem Schmorgerichten einen dunklen, geheimnisvollen, leicht melancholischen Ton – vielleicht meint Godet deshalb, dass der Schwarze Kardamom «gut zu der schwermütigen Seele der Nordländer passt, die noch in der grössten Sommer-Exaltation um die lichtlosen Wintertage weiss». So gesehen sind die Skandinavier in den siebziger Jahren vielleicht ganz knapp an der Entdeckung des wahren Gewürz-Pendants zu ihrer Gemütsart vorbeigeschrammt – ein Skandal fürwahr.“